Das erste was Gabriele bemerkte als sie an diesem Samstag morgen aufwachte war dass ihr Kopf brummte. Sie fuhr sich mit einer Hand zu ihrer Stirn und stoehnte leise. Dann oeffnete sie die Augen und realizierte dass sie keine Ahnung hatte wo sie war und wie sie dahin gekommen war. Sie drehte den Kopf zur Seite und erkannte ein Fenster, doch die Gardienen waren zugezogen und machten es fuer die ersten Sonnenstrahlen des Tages unmoeglich hereinzudringen. Sie gelang mehr Gefuehl ueber ihren Koerper und spuerte jeden einzelnen Knochen und Muskel. Erneut rieb sie sich ueber die Augen und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen. Als sie ihre Augen wieder oeffnete um sich weiter im Zimmer umzuschauen entdeckte sie ihre Klamoten von gestern Abend zerstreut herumliegen, erst da bemerkte sie das sie nichts anhatte. Reflexartig zog sie die Decke hoeher und stuetzte sich auf, das einzige Licht kam aus dem Bad und fuer einen Moment betete sie dafuer dass sie mit Ralf abgestuerzt war und die beiden aus irgendeinem albernen Grund in ein Hotel gegangen waren. Sie versuchte sich an dem Gedanken festzuhalten und ihre aufkommende Panik damit zu beruhigen doch es gelang ihr nicht. Kaum atmend versuchte sie etwas zu hoeren, ob jemand im Bad war. Nach unzaehligen Minuten war sie sicher dass sie alleine war. Sie versuchte sich krampfhaft an die letzte Nacht zu erinnern. Biggi und sie waren gemeinsam ausgegangen, es war ein lustiger Abend gewesen, sie hatten an der Bar gesessen und ab und an getanzt. Biggi mehr als Gabriele, schliesslich war sie nicht auf Maennersuche, auch wenn sie seit der Trennung von Ralf offiziel Single war. Ralf, sie drehte sich zu dem Nachttisch auf dem wie erwartet ein Telefon stand. Sie griff nach dem Hoerer und waehlte mit zittrigen Haenden und so schnell sie konnte seine Nummer. Es klingelte einmal, zweimal, dreimal, endlich ein verschlafenes, “ja?” Fuer einen Moment wollte sie wieder auflegen, “hallo?” fragte Ralf, Gabriele formte mit ihren Lippen seinen Namen doch brachte keinen Ton heraus, dann endlich fluesterte sie, “Ralf, ich bin es.” Er schien erleichtert ihre Stimme zu hoeren, zumindest atmete er aus und fragte, “was gibt es denn so frueh am morgen?” “Ich brauch dich…” der rest ihres Satzes erstickte, “bist du okay? Was ist los Gabriele? Wo bist du?” Sie schluckte und bemerkte dass sie keine Ahnung hatte wo sie war. “Ich weiss nicht?!” Ihre Hand oeffnete die Schublade des Schreibtisches und sie fand den Namen des Hotels, auf dem Telefon stand die Nummer des Zimmers. “Ich bin sofort da.” Hoerte sie Ralf noch sagen bevor er auflegte. Sie legte den Hoerer zurueck und bemerkte die gruenen Ziffern des Weckers, 6:32. Ralf wuerde mindestens fuenfzehn Minuten brauchen, sie stuetzte ihren Kopf in ihre Haende und versuchte sich erneut an den gestrigen Abend zu erinnern. Jemand hatte Biggi zum tanzen aufgefordert, die beiden hatten sich kurz in die Augen geschaut und dann hatte Gabriele genickt und ihrer Freundin dabei zugeschaut wie sie in der Menge verschwand und sich zu der Bar gedreht um sich noch ein Getraenk zu bestellen. Ein Geraeusch in dem Hotelzimmer ueber ihr lies sie zusammenfahren, nervoes strich sie sich mit der zittrigen Hand eine Straehne hinters Ohr und zwang sich ruhig zu atmen. Sie schaute erneut zur Uhr, 6:34, noch 13 Minuten bis Ralf hier sein wuerde. Doch was waere dann, aus ihrer sehnsucht nach Ralf wurde panik, was wuerde er sagen wenn er sie hier so vorfinden wuerde. Wuerde er sauer sein? Ihr verzeihen koennen? Sie fragte sich wieso sie ausgerechnet ihn angerufen hatte, wieso hatte sie nicht vorher darueber nachgedacht. Sie wollte nicht dass er sie so sah, dass er erfuhr was passiert war und dass er aus scharm nicht wusste was er tun sollte. Langsam und wie in trance stand sie auf und zog sich ihre Klamotten von gestern Nacht ueber, sie stellte fest dass ihr T-Shirt zerrissen war und suchte nach etwas anderem was sie anziehen konnte. Sie fand den Pullover den sie fuer alle Faelle mitgenommen hatte und zog ihn ueber. Einen Moment blieb sie vor der offnenen Badezimmertuer stehen und spaehte hinein, war sie wirklich alleine? Sie hatte nicht die Nerven um nachzuschauen. Ein lautes Klopfen riss sie aus ihren Gedanken, sie schnellte herum und schaute zur Uhr, 6:41, dass konnte noch nicht Ralf sein. “Gabi…” es klopfte erneut, “mach auf, ich bin es.” Erleichtert stolperte sie zur Tuer und warf dabei ihre Handtasche um die ihren gesamten Inhalt auf dem Boden verteilte. Sie oeffnete die Tuer. Das Licht blendete sie und sie kniff die Augen zusammen. “Bist du okay? Du siehst schrecklich aus.” Bevor sie antworten konnte spuerte sie wie er seine muskoluesen Arme um sie legte. Sie lies sich mit ihrem Kopf gegen seine Brust fallen und wusste weshalb sie ihn angerufen hatte – er war der einzige Mensch auf der Welt der ihr das Gefuehl von absoluter Sicherheit gab. “Bist du alleine?” fragte Ralf, “ich glaube schon.” Stotterte sie und schaute zum Bad, Ralf verstand und lies sie los um nachzuschauen. Sie hoerte wie er den Duschvorhang zurueckzog. “Hier ist niemand.” Sagte er als er wieder zu ihr kam. “Was ist passiert?” fragte er waehrend er sich im Zimmer umschaute. “Ich weiss es nicht, ich habe einen totalen Filmriss.” Sagte sie und began zu schlurzen, Ralf nahm sie erneut in den Arm. “Hast du etwas getrunken?” fragte er, Gabriele schuettelte mit dem Kopf, sie hatte fahren wollen, ausserdem trank sie nie etwas. Sie schaute auf zu Ralf und bemerkte dass er mit seinen Augen das Zimmer absuchte, er schien an dem T-Shirt dass nun auf dem Bett lag haengenzubleiben. “Wir sollten die Polizei rufen.” Sagte er, auch er klang mittlerweile nicht mehr ganz so fest. Gabriele schuettelte mit dem Kopf und lies sich wieder gegen ihn fallen. “Es ist gut, ich bin doch hier.” Fluesterte Ralf, “ich bin hier.” Es dauerte einen Moment ehe Gabriele sich beruhigt hatte, “nicht die Polizei.” Brachte sie schliesslich heraus, “aber Gabi, du musst einen Bluttest machen lassen und das Hotelzimmer ist sicher auch voller spuren.” Gabriele riss sich von ihm los und drehte sich weg. Sie drehte sich wieder zu ihm, “nein Ralf, keine Polizei, bitte. Wir wissen doch wie soetwas laeuft, weisst du wie vielen Maedchen ich schon Blut abgenommen habe und erstversorgt habe und am ende findet die Spurensicherung ja doch nichts brauchbares und schliesst den Fall.” Sie war am weinen und Ralf kam wieder auf sie zu um sie in den Arm zu nehmen, “ich brauche keinen verdammten Bluttest um zu wissen das ich eine Droge in meinen Venen habe und ich brauche kein verdammtes examen um mir zu sagen das ich vergewaltigt wurde.” Sie weinte in sein T-Shirt und Ralf verschrenkte seinen Kopf in ihren Haaren. “Ich brauche nur dich.” Fluesterte sie und Ralf nahm sie fester in den Arm. Mehrere Minuten ruehrten sie sich nicht, dann endlich loeste Ralf sich, er streichelte ihren Ruecken, “Gabriele wenn wir die Polizei nicht einschallten kannst du dir nie sicher sein und du wirst nie wieder die Chance auf Gerichtigkeit haben.” Gabriele schuettelte noch immer mit dem Kopf, “ausserdem kennen wir doch die meisten Kollegen der Polizei, die sind doch alle in Ordnung.” “Na super, in einer Stunde wissen es alle Kollegen und bei heute Mittag ganz Traunstein.” Gabriele wand sich sauer aus seiner Umarmung. “Gabriele es ist nicht deine Schuld, du bist das Opfer.” Sagte er, “aber ich will es nicht sein.” Sagte sie genauso aufgebracht, die beiden schauten sich einen Moment in die Augen und dann setzte Gabriele hinzu. “Bitte Ralf, ich moechte einfach nur mein altes Leben zurueck.” Ralf nickte, trat einen Schritt auf sie zu und nahm ihre Haende in seine, “okay.” Sagte er und Gabriele atmete tief durch und nickte dann.
Ralf war dabei den Inhalt ihrer Handtasche wieder einzusammeln waehrend Gabriele ihre Schuhe suchte und anzog. Zwischen Lippenstift, ihrem Handy und ihrer Pille entdeckte er ihre Geldboerse und oeffnete sie um zu checken ob eine ihrer Karten fehlte. Aus dem durchsichten Fach das eigentlich fuer den Fuehrerschein gedacht war laechelte er sich selber entgegen. Er hielt die Geldboerse schraeg damit er das Bild besser sehen konnte, es zeigte ihn und Gabriele und sein Blick blieb an Gabrieles laecheln haengen. “Bist du fertig?” fragte Gabriele hinter ihm, er klappte es wieder zu und raemte das letzte bisschen kram in die Handtasche. “Ja.” Sagte er und stand auf. Er schaute zu ihr und sein Bauchgefuehl sagte ihm dass nichts mehr so sein wuerde wie auf dem Bild. Er hoffte dass er sich irrte.
ENDE (glaub ich)