Nach einer stressigen Schicht fast ohne Pausen zwischen den Einsätzen war für Biggi, Ralf und Karin endlich Feierabend angesagt. Nachdem Ralf noch einige Sachen eingekauft hatte fuhr er nach Hause. Gonzo wartete schon sehnsüchtig auf ihn. Ralf begrüßte ihn, doch Gonzo gab keine Ruhe. Ralf gab sich geschlagen: „Ist ja gut, alter Junge, wir gehen noch ein Stück.“ Er nahm die Leine vom Haken und lief mit Gonzo eine Runde im Park. Ca. eine Stunde später war er wieder zuhause angekommen. Er öffnete den Briefkasten und nahm seine Post mit nach oben. Dann zog er seine Jacke aus und setzte sich auf die Couch. Beim Fernsehen sah er seine Post durch. Neben zwei Rechnungen und einem Werbebrief hatte er noch einen Brief bekommen auf dem kein Absender stand. Aber er war sich sicher, dass er diese Schrift kannte. Er öffnete den Brief und las: "Lieber Ralf! Du sitzt bestimmt jetzt auf deinem Sofa, schaust nichts ahnend deine Post durch und findest meinen Brief. Wahrscheinlich kannst du es gar nicht glauben. Ein Brief von Gabi? Das kann nicht sein. Doch Ralf. Es ist so. Ich lebe. Ich weiß, du bist jetzt schockiert. Aber ich finde, es ist langsam an der Zeit, dass du die Wahrheit erfährst. Du lebst jetzt schon 3 ½ Jahre in dem Glauben, dass ich damals nach meinem Unfall an Michaels Spritze gestorben bin. Ich weiß, es war falsch Ralf, aber du weißt, dass ich bei dem Unfall damals schwerste Verletzungen erlitten habe. Und selbst mit einer Lungentransplantation waren meine Überlebenschancen sehr gering. Ich wollte euch keine falschen Hoffnungen machen. Ich wollte eigentlich so nicht weiter leben und wenn, dann wollte ich neu anfangen, allein. Ich konnte mit der ganzen Situation überhaupt nicht umgehen. Deshalb habe ich Michael gebeten euch zu sagen, dass ich sterben würde. Wir haben vorgetäuscht, dass er mir ein in dieser Dosis tödlich wirkendes Medikament besorgt hat. In Wirklichkeit war es ein harmloses Schlafmittel. Ich wurde in eine Spezialklinik verlegt und habe eine neue Lunge bekommen. Ich dachte selbst nicht, dass ich es schaffen würde, aber ich schaffte es. Ich hatte Höllenschmerzen und hoffte so oft, dass es doch endlich vorbei sein würde. Sie haben mich mehrmals operiert. Nach furchtbaren Monaten auf der Intensivstation kam ich dann auf die normale Station, auf der ich wieder Monate verbringen musste und anschließend war ich noch in der Reha. Das alles war die schlimmste Zeit in meinem Leben, niemandem wünsche ich solche Schmerzen. Ich habe mir oft gewünscht, dass du da wärst. Aber andererseits wollte ich das auch alles nicht. Ich wollte, dass du irgendwann wieder glücklich wirst, vielleicht eine andere Frau kennenlernst und nicht nur aus Mitleid bei mir bleibst. Als ich dann aus der Reha entlassen wurde, wollte ich erstmal Abstand gewinnen. Ich konnte ja schlecht einfach so zurückkommen, sagen „hallo hier bin ich wieder. Ich habe es doch geschafft.“, und so tun, als wäre nichts gewesen. Denn für mich ist nichts mehr wie früher. Ich werde wahrscheinlich nie wieder arbeiten können. Und ich habe auch noch einige Operationen vor mir. Sie wollen noch so viel wie möglich durch Korrekturoperationen machen, aber viel wird das wohl auch nicht bringen. Aber mach dir keine Sorgen. Ich bin inzwischen soweit, dass ich ziemlich gut alleine zurechtkomme. Ich habe mir ein Haus in den Bergen gekauft. So jetzt weißt du die ganze Wahrheit. Ich hoffe, du kannst mir irgendwann verzeihen. Es tut mir wirklich leid Ralf, aber ich konnte nicht anders. Ganz liebe Grüße, Gabriele"
Müde und völlig fertig von den Ereignissen des heutigen Tages verließen Ralf und Gabriele zusammen mit Thomas, Peter, Michael und Max das Krankenhaus. Der Schock des Absturzes am Nachmittag saß noch immer ziemlich tief und dann kam auch noch die Sorge um Biggi hinzu. Ihr wurde hier gerade das Bein wieder angenäht, welches Gabriele ihr nach dem Absturz amputieren musste, um vor der Lawine flüchten zu können, die wahrscheinlich ihr sicheres Todesurteil bedeutet hätte. Gabriele machte sich viele Gedanken darum, fragte sich, ob es richtig war, was sie getan hatte. Sie sagte auf dem Rückflug zur Basis kaum ein Wort und verabschiedete sich dort auch sofort von den Kollegen, nicht mal Ralf konnte sie aufhalten. Sie stieg in ihren Porsche und machte sich auf den Heimweg. Sie hatte im Moment echt keine Lust über den Absturz und alles weitere zu reden und wollte im Moment einfach nur allein sein. Sie dachte während der Fahrt darüber nach, wie verzweifelt Biggi vorhin gewesen war, so hatte sie ihre beste Freundin noch nie erlebt. Ihr kamen wieder die Tränen und sie sah kaum etwas, deshalb war sie froh, als sie den Weg geschafft hatte und jetzt auf der Auffahrt parkte und ins Haus ging.
„ Ja, sie sind schwanger.“ lautete die Antwort ihrer Ärztin. Gabriele lächelte glücklich. Dann wurde die Untersuchung abgeschlossen und ein Termin für die nächste Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchung abgemacht. Dann verließ sie überglücklich die Praxis. Sie überlegte hin und her, wie sie es Ralf mitteilen sollte. Sie schlenderte durch die Gehstraße und beschloss dann, ein paar Babysachen zu kaufen, die sie ganz zufällig im Flur stehen lassen wollte. Also betrat sie eine Boutique für Baby- und Kinderkleidung. Sie stöberte durch den Laden und kaufte schließlich zwei Strampler und ein Mützchen. Dann ging sie zum Parkplatz, stieg in ihr Auto und fuhr nach Hause. Sie ging die Treppen rauf und betrat dann die Wohnung, die sie mit Ralf bewohnte. Dort stellte sie die Einkaufstüte im Flur ab und ging ins Wohnzimmer. Ralf schlief auf dem Sofa, der Fernseher lief. Sie stellte sich vors Sofa und betrachtete ihn und lächelte. „ Ob er sich wohl freut, dass er Vater wird?“ dachte sie sich. Dann beschloss sie, ihn zu wecken. „ Hallo Ralf! Ich bin wieder zurück.“ Sie gab ihm einen sanften Kuss auf die Wange. Da wachte er auf. „ Hey, Gabi, na, wie war es in der Stadt?“ „ Schön. Ich geh uns mal einen Kaffee kochen. Kommst du gleich?“ damit wollte sie ihn durch den Flur locken, denn sie konnte es kaum noch erwarten, ihm endlich von dem freudigen Ereignis zu erzählen und da sie genau wusste, wie neugierig Ralf ist, war sie sich ziemlich sicher, dass ihr Plan klappen würde. Und so war es auch. Während Gabriele den Kaffeetisch deckte, ging Ralf erst ins Bad und wollte dann in die Küche kommen, als er die Tüte entdeckte. Er rief Gabi zu: „ Na, was hast du schönes gekauft?“ Gabi grinste und antwortete: „Schau doch nach, dann weißt du es!“ . Ralf sah nach und kam dann in die Küche. Er umarmte Gabi, die an der Spüle stand, von hinten und fragte: „ Ist das wirklich wahr, Schatz? Werde ich wirklich Vater?“ Gabi drehte sich um, lächelte glücklich und sagte dann: „ Ja, Ralf. Wir werden Eltern! Freust du dich?“ Ralf gab Gabi einen Kuss und sagte: „ Da fragst du noch? Du kannst gar nicht glauben, wie sehr ich mich freue.“ Er war total aus dem Häuschen. „ Weißt du was, Gabi, wir zwei, entschuldigung, ich meinte natürlich wir drei, gehen heute Abend schön romantisch essen, na, was hältst du davon?“ Gabi lächelte: „ Super!“ Dann tranken die beiden zusammen Kaffee und aßen den Kuchen, den Ralf vom Bäcker geholt hatte. Später am Abend zogen sich die beiden schick an und fuhren in die Stadt in ein schönes griechisches Restaurant. Sie setzten sich an einen Tisch für zwei Personen und studierten die Karte. „ Na, schon was leckeres gefunden?“ fragte Ralf. Gabi blickte kurz von der Karte auf und antwortete: „ Ach, ich denke, ich nehme die Nr. 62, die Adria- Platte. Und du?“ „ Ich nehme den großen Gyros – Teller.“ Dann kam der Kellner. Er holte seinen kleinen Schreibblock aus seiner Tasche hervor und begrüßte sie dann mit einem leichten griechischen Akzent in der Stimme: „ Einen schönen guten Abend. Was darf ich ihnen denn bringen?“ Ralf sagte: „ Wir hätten gerne die Nr. 62 und die Nr. 56.“ „ Gerne. Darf ich ihnen schon mal was zum Trinken bringen?“ Ralf bestellte sich eine Cola und Gabriele bestellte ein Wasser. Ein paar Minuten später bekamen sie ihre Getränke, dazu brachte der Kellner noch einen Aperetiv, den Gabi jedoch ablehnte: „ Danke, für mich bitte nicht.“ Ralf nahm seinen entgegen und grinste: „ Sie ist schwanger. Und ich werde Vater!“ Der Kellner sagte: „ Meinen herzlichen Glückwunsch.“ Dann ging er wieder. Gabriele sah Ralf an und fragte: „ Musste das jetzt sein?“ „ Was denn? Ich darf doch wohl erzählen, dass ich Vater werde. Das würde ich am liebsten der ganzen Welt erzählen!“ „ Ralf, der kennt uns doch gar nicht. Und außerdem braucht es doch nicht jeder wissen.“ „ Reg dich doch nicht so auf. Wir wollen doch jetzt nicht streiten, oder?“ „ Nein, natürlich nicht. Ist schon ok.“ Eine Weile später kam das Essen. Gabi und Ralf waren voll und ganz zufrieden und fuhren mit einem vollen, ja fast zu vollen Magen nach Hause und verbrachten eine wunderschöne Nacht miteinander. Am nächsten Morgen ging es dann wieder zur Arbeit. Biggi war auch schon da. Als alle drei im Aufenthaltsraum saßen und sich unterhielten, fiel Biggi etwas auf: „ Sagt mal, was habt ihr bloß gestern gegessen? Ihr riecht beide meilenweit nach Knoblauch!“ Gabi erschrak: „ Ist es wirklich immer noch so schlimm? Ich habe schon alles versucht, um den Geruch los zu werden. Ich habe schon zig mal meine Zähne geputzt und selbst das alte Hausmittel Petersilie kauen habe ich schon ausprobiert. Hat aber anscheinend alles nicht geholfen! So ein Mist! Ich schau mal nach, ob ich noch Kaugummis in der Tasche habe.“ Damit verschwand sie in der Umkleide. Ralf nahm wie immer alles mit Gelassenheit. Er erklärte: „ Wir waren gestern Abend essen, griechisch.“ „ Mmh, riecht man, aber Ralf, wir haben Donnerstag. Seit wann geht man denn mitten in der Woche essen? Gibt es irgendwas zu feiern?“ langsam wurde Biggis Neugierde geweckt. Ralf grinste verschmitzt: „ Allerdings, das gibt es. Gabi und ich, wir werden nämlich Eltern!“ Biggi freute sich total für die beiden. Sie fiel Ralf um den Hals und sagte: „ Hey, das ist ja super! Aber ich werde doch bestimmt die Patentante, oder?“ Da kam Gabi wieder: „ Hier, ich hab sie. Wollt ihr auch?“ Biggi stürmte auf Gabi zu und sagte: „ Herzlichen Glückwunsch! Hey, Gabi, ich freu mich so für euch! Das ist so schön!“ Gabi lächelte und war einfach nur glücklich. In den folgenden Tagen erfuhren auch die anderen von der freudigen Erwartung. Und so vergingen die Monate. Gabrieles Bauch und Ralfs Vorfreude auf das Baby wuchsen zusehends. Jetzt war Gabriele schon im achten Monat. Auch wussten die beiden schon seit einiger Zeit, das sie ein Mädchen erwarten. Gabi wollte eigentlich, dass nur Ralf vor der Geburt erfährt, was es denn wird, weil er viel zu neugierig war und ihr keine Ruhe mehr lies, aber sie selbst wollte sich überraschen lassen und wollte auch, dass Ralf es keinem anderen erzählt, aber Ralf hatte sich mal wieder verplappert und es ihr doch erzählt. Aber sie war ihm nicht wirklich böse, weil sie sich zu sehr auf das Baby freute. Und einen bestimmten Vorteil hatte es ja doch, dass sie jetzt Gewissheit hatte, was es werden würde: Sie konnte sich jetzt beim Kauf der Babysachen mehr auf die Ansprüche eines Mädchens einstellen. Ralf und Gabi erreichten gerade den Baumarkt in der Stadt. Sie wollten heute die Tapeten für das Kinderzimmer aussuchen. Gabi fand es zwar reichlich spät, um damit anzufangen, aber Ralf hatte die Ruhe weg und die Renovierung so weit wie möglich hinausgezögert, da das Tapezieren von Räumen nicht gerade zu seinen Lieblingsbeschäftigungen zählte. Aber es musste ja sein, also betraten sie den Baumarkt und steuerten direkt die Tapetenabteilung an. Gabriele war überwältigt, wie viele Farben und Muster der Markt doch für Kinderzimmer anzubieten hatte. Deshalb war das mit der Einigung doch wieder ein heikles Thema für die beiden: „ Hier, guck mal, die ist doch cool!“ meinte Ralf und zeigte auf eine Tapete mit dem Motiv Bob der Baumeister. Doch Gabi war nicht so begeistert: „ Bob der Baumeister? Ralf, das ist doch eher was für einen Jungen, wir erwarten aber ein Mädchen.“ „Ok. Aber die hier, die mit den Bärchen, die ist doch niedlich. Und das ist auch was für Mädchen, oder etwa nicht?“ Doch Gabi war wieder skeptisch: „ Ja, das schon, aber meinst du nicht, wir sollten eine etwas schlichtere nehmen, sonst müssen wir so schnell wieder tapezieren?“ „ Na, gut, hast ja Recht.“ Dann hatte er wieder eine gefunden. Diesmal war es eine gelbe Tapete, zu der eine dunkelblaue Bordüre mit Sonne, Mond und Sterne gehörte. Von der waren beide begeistert. Also wurde sie gekauft. Dann gingen sie in die Abteilung für Kinderbetten und sonstiges Zubehör. Sie entschieden sich für ein kieferfarbendes Gitterbettchen, eine gleichfarbige Wickelkommode und den dazugehörigen Kleiderschrank. Dann fuhren sie nach Hause und fingen an, das Zimmer zu tapezieren. Natürlich passte Ralf genau auf, dass Gabi nur das machte, was für Hochschwangere gerade noch so zumutbar war. Eigentlich hätte er es lieber, wenn sie sich ins Wohnzimmer setzte und fern sah, aber sie wollte ja unbedingt was machen, also durfte sie dann die Tapeten einkleistern, die Ralf dann anschließend an die Wand brachte. Nach ein paar fehlgeschlagenen Tapetenbahnen, die wieder abgerissen werden mussten, einigen Wutausbrüchen von Ralf und endlos vielen Tassen Kaffee war das Zimmer dann doch noch fast um Mitternacht fertig, und eine total erschöpfte Gabi und ein todmüder Ralf fielen erleichtert ins Bett. Am nächsten Morgen ging es gleich weiter mit dem Möbelaufbau, was sich trotz umfangreicher Montageanleitung als ziemlich schwierig erwies. So waren die beiden froh, als sie auch diese Aufgabe erfolgreich gemeistert hatten. „ Ich finde jetzt haben wir uns echt erst mal eine Kaffee- und Kuchenpause verdient.“ meinte Gabi. Ralf stimmte zu: „ Ja, aber danach muss ich auch gleich los. Meine Schicht beginnt gleich.“ Einen Augenblick später fuhr Ralf dann los. Später am Nachmittag holte Gabi die Post rein. Neben ein paar Briefen befand sich auch eine Postkarte im Briefkasten, die an sie, Gabriele Kollmann adressiert war. Sie wunderte sich, denn es war ein Text mit einer Liebeserklärung draufgeschrieben, jedoch ohne Absender. Gabi wunderte sich von wem die kommen könnte. Sie wusste nur, dass sie nicht von Ralf kam und das derjenige, der sie geschrieben hatte, sie von früher her kennen musste, denn das ging aus dem Text hervor. Doch dann kam ihr plötzlich die Lösung in den Sinn. Die Karte war von Björn, mit dem sie, als sie sich mit Ralf gestritten hatte und die beiden eine Weile auseinander waren eine kurze Beziehung hatte. Er machte sich also immer noch Hoffnungen, obwohl Gabriele ihm klipp und klar gesagt hatte, dass es aus war. Eigentlich hatte sie auch geglaubt, dass er es kapiert hatte, aber anscheinend ja nicht. Dann legte sie die Karte zur Seite und öffnete ihre zwei anderen Briefe. Das waren jedoch nur Rechnungen. Später am Abend sah Gabriele gerade fern, als plötzlich das Telefon klingelte. Es war eine alte Freundin von ihr, mit der sie zusammen studiert hatte. Sie telefonierten eine ganze Weile über die Schwangerschaft und so. Dann erzählte Gabi ihr von der Postkarte, als Ralf nach Hause kam. Er hatte Kuchen mitgebracht und sagte deshalb nichts, als er sich im Flur umzog. Er bekam von Gabis Gespräch etwas mit. Er hörte sie sagen: „ Ja, aber sie ist nicht von ihm...ja, aus einer anderen Beziehung...nein, Ralf weiß nichts davon...er glaubt...“ Gabi erblickte Ralf, der im Türrahmen stand. Doch dem hatten die Satzteile schon gereicht. Er ließ den Kuchenteller fallen, schnappte sich seine Jacke und den Autoschlüssel und verließ mit den Worten: „ Ach so ist das also. Wenn man einmal glücklich ist!“ wütend die Wohnung. Gabi wusste gar nicht, was los war, schließlich hatte sie nur über die Karte von Björn geredet. „ Du, hör mal, ich glaube, Ralf hat da was völlig missverstanden. Er kam gerade nach Hause und jetzt ist er wutentbrannt raus. Ich ruf dich vielleicht später nochmal an, ja?...gut, bis dann! Tschüß!“ Dann stand sie auf und eilte ins Treppenhaus: „ Ralf! Ralf!“ Doch er war schon weg. Traurig setzte sich Gabi in die Küche, streichelte über ihren dicken Babybauch und sagte: „ Was soll ich jetzt bloß machen, hmmh?“ Ralf kam die ganze Nacht nicht nach Hause. Am nächsten Vormittag klingelte es an der Wohnungstür. Gabriele hoffte, dass es Ralf war und stürmte zur Tür. Doch dort standen zwei Polizisten vor ihr. „ Grüß Gott. Jacobs, das ist mein Kollege Nehrling. Sind sie Frau Doktor Gabriele Kollmann, die Lebensgefährtin von Herrn Ralf Staller?“ „ Ja, die bin ich, warum? Ist irgendetwas passiert?“ „ Dürfen wir bitte kurz reinkommen?“ „ Ja, ja natürlich, aber was ist denn los?“ „ Setzen sie sich doch bitte erstmal, in ihrem Zustand.“ Damit zeigte er auf Gabis Bauch. Gabriele führte die Polizisten ins Wohnzimmer und bat sie, dort Platz zu nehmen. „ Frau Kollmann, wir müssen ihnen leider mitteilen, dass Herr Staller heute Nacht einen schweren Autounfall hatte, den er wahrscheinlich im betrunkenen Zustand verursacht hat.“ Gabi erschrak: „ Oh, mein Gott! Ist er...ich meine...“ sie bekam kein Wort mehr raus. „ Nein, aber er schwebt noch in Lebensgefahr.“ „ Ich will sofort zu ihm!“ „ Wir werden sie hinbringen.“ „ Gut. Vielen Dank.“ Dann wurde Gabriele von den Polizisten mit dem Streifenwagen ins Krankenhaus gefahren. Sie rannte die Treppen hinauf und den Flur entlang und musste einige male stehen bleiben, weil sie keine Ausdauer mehr hatte und weil sie ein paar mal stechende Schmerzen im Bauch spürte, wohl durch die Aufregung, dachte sie sich. Als sie endlich auf dem Flur der Intensivstation angekommen war, sah sie Michael, Peter und Thomas. „ Was...was macht ihr denn hier? Ah!“ Sie griff sich wieder an den Bauch und nahm eine leicht gekrümmte Haltung ein. Michael fiel das sofort auf: „ Wir hatten doch heut morgen den Einsatz. Gabi, was ist los?“ „ Ich weiß nicht, ich hab manchmal so ein Stechen im Bauch. Aber was ist mit Ralf?“ „ Gabi, Ralf ist eben aus dem OP gekommen, er hat eine schwere Kopfverletzung und sein linkes Bein ist gebrochen. Er wird es schaffen, aber wir müssen jetzt nur hoffen, dass er so schnell wie möglich wieder aufwacht.“ „ Was meinst du damit? Er wird doch keine Schäden behalten, oder?“ Michael schaute besorgt. „ Das kann man jetzt noch nicht sagen, aber umso schneller er aufwacht, desto besser für seinen Zustand.“ Gabi wollte sich gerade wieder etwas aufrichten und sich auf einen der Stühle setzen, als die Schmerzen noch schlimmer wurden. „ Ah, Michael...“ Sie brach zusammen und krümmte sich vor Schmerzen: „ Michael...ah!...helf mir!.. mein Baby! Ah!...“ Michael kniete sich neben Gabi und checkte die Lage kurz ab. „ Thomas, sag den Ärzten bescheid! Die sollen mit einer Trage hier her kommen! Peter, komm du hier her zu mir. Gabriele, dein Baby kommt! Es geht los!“ „ Aber ich...ich bin doch erst in drei Wochen fällig...“ „ Das ist nicht so schlimm. Mach dir keine Sorgen! Das ist durch den Stress.“ Dann kam ein Arzt und eine Hebamme mit der Trage. Sie brachten Gabi in den Kreissaal. Es dauerte dann doch noch eine Weile, bis das Baby das Licht der Welt erblickte. Michael sagte zu Gabi: „ Herzlichen Glückwunsch zum stolzen Sohnemann!“ „ Was... aber...meine Ärztin hat doch gesagt es ist ein Mädchen?“ „ Tja, da hat sie sich wohl geirrt! Ralf und du, ihr habt einen Jungen! Unverkennbar! Jetzt kann man sich nicht mehr täuschen. Da werdet ihr euch wohl dran gewöhnen müssen!“ damit legte Michael ihr das kleine Baby auf den Bauch. Gabriele war überglücklich: „ Wahnsinn! Ich kann es noch gar nicht fassen, dass das wirklich mein Kind ist! Michael, ich bin so glücklich!“ Michael lächelte zufrieden. Am nächsten Tag ging Gabi mit ihrem Sohn zu Ralf, denn der wusste ja noch gar nicht, dass er jetzt schon Vater geworden war und denn noch von einem Sohn. Sie setzte sich zu ihm ans Bett und sagte: „ Ralf. Ralf bitte, du musst wieder aufwachen. Hier will dich jemand begrüßen. Sie legte das Baby zu ihm ran. Da schlug er ganz langsam die Augen auf. „ Gabriele?“ „ Ja, Ralf, ich bin hier und dein Sohn auch.“ „ Sohn? Meiner?“ „ Ja, dein Sohn.“ „ Aber ich dachte du kriegst eine Tochter, die noch nicht mal von mir ist sondern aus irgendeiner anderen Beziehung.“ „ Ralf, das hast du ja wohl nicht wirklich geglaubt, dass das Kind nicht von dir ist, oder? Ich habe mit einer Freundin über eine Postkarte gesprochen, die gestern für mich angekommen ist. Mit dem Typen läuft aber nichts und das will er nicht akzeptieren. Er kapiert es nicht, dass ich keinen anderen Mann außer dir liebe. Und mit dem Mädchen da muss sich die Ärztin geirrt haben. Ich war doch genau so überrascht wie du. Ich bin nur froh, dass alles gut gegangen ist und dass du auch wieder wach bist.“ „ Gottseidank haben wir kaum Sachen in rosa gekauft. Du sag mal, wie soll er eigentlich heißen, unser Sohn?“ „ Was gefällt dir denn am besten: Patrick, Christoph oder Leon?“ „ Also ich bin für Christoph, wenn du nichts dagegen hast.“ „ Nein, ganz und gar nicht. Ich liebe dich Ralf!“ „ Ich dich auch Gabi und unseren Christoph auch.“ Die folgenden Tage besuchten Gabriele und Christoph Ralf jeden Tag. Und nach etwas mehr als einer Woche durfte er dann auch nach Hause. Sie einigten sich, niemandem von diesem verhängnisvollen Missgeschick zu erzählen und es so weit es geht aus dem Gedächtnis zu streichen. Doch Björn gab nicht auf. Er schickte Gabi noch per Blumenkurier einen Blumenstrauß, den sie gleich in die Mülltonne werfen wollte. Aber Ralf hielt sie davon ab, warf nur die beiliegende Karte in den Müll und stellte die Blumen auf den Küchentisch. Zu Gabi sagte er: „ Stell dir einfach vor, der Blumenstrauß wäre von mir.“ Und als Björn an einem Tag selbst vor der Tür stand, erkannte Gabi ihn durch den Türspion und wollte nicht öffnen. Ralf beschloss, selbst die Tür zu öffnen und erzählte Björn dann, er sei Gabrieles Ehemann.“ Björn verließ daraufhin sofort wütend das Haus und gab dann die Hoffnung auf. So wurde es dann doch noch ein Missverständnis mit Happy End!
Gabriele war völlig fertig. Sie weinte und Ralf versuchte, sie zu trösten. Die Crew hatte gerade einen schlimmen Einsatz hinter sich. Ein kleiner Junge war auf einer Feier in den Teich gefallen und war ertrunken und sie hatten es nicht mehr geschafft, ihn zurück zu holen. Ralf hielt Gabriele im Arm und sagte: „es ist nicht deine Schuld…du darfst dir nicht solche Vorwürfe machen.“ Gabriele schluchzte: „Aber Ralf, wenn…“ Ralf unterbrach sie: „ Gabi, wenn du dem kleinen schon nicht mehr helfen konntest, dann hätte es niemand mehr geschafft. Niemand hätte den Jungen mehr retten können. Es hat einfach zu lange gedauert, bis da von den Leuten überhaupt mal jemand klar denken konnte und uns gerufen hat. Du hast doch gesehen, wie die alle neben sich standen. Es ist überhaupt nicht deine Schuld.“ Biggi kam aus der Küche und brachte Gabriele einen Kaffee. „Hier, trink erstmal einen Kaffee.“ Gabriele nickte und nahm den Kaffee. „Danke.“ Sagte sie leise. Ralf und Biggi sahen sich an und Ralf zuckte mit den Schultern. Biggi legte eine Hand auf Gabrieles Schulter und meinte: „ Du darfst dich nicht so fertig machen. Es ist nicht deine Schuld was passiert ist.“ Gabriele nickte und beruhigte sich langsam etwas. Sie trank ihren Kaffee und war dann in Gedanken versunken. Dann sagte sie leise: „Ich weiß genau, wie der Junge sich gefühlt hat, als er ertrunken ist. Nur er konnte nicht mehr zurück geholt werden, bei ihm kam die Hilfe zu spät.“ Gabriele sah noch immer zu Boden. Ralfs und Biggis Blicke trafen sich. Beide wussten genau, was Gabriele meinte. Sie war noch immer nicht über ihren Unfall in dem Schleusenwerk vor ein paar Wochen hinweg. Sie sprach zwar nicht viel darüber, aber Ralf und Biggi wussten auch so, was los war. Sie kamen aber nicht mehr weiter ins Gespräch, da der Alarm los ging. Sie wurden zu einem Unfall mit einem abgestürzten Paraglider gerufen. Als am Abend endlich Schichtwechsel angesagt war, fragte Ralf Gabriele auf dem Parkplatz: „ Hast du Lust heute Abend etwas mit mir zu unternehmen oder einfach so mit zu mir zu kommen, damit du vielleicht etwas auf andere Gedanken kommst? Ich könnte dich etwas ablenken?“ Ralf grinste. Doch Gabriele schüttelte den Kopf: „Heute Abend nicht Ralf, ich brauche einfach mal etwas Zeit zum Nachdenken und möchte allein sein. Tut mir leid.“ Ralf nickte: „OK. Aber mach dich nicht verrückt, wegen dem Einsatz vorhin.“ Gabriele versuchte zu lächeln: „Mach ich nicht.“ Ralf gab ihr einen Kuss und sagte: „Ich liebe dich.“ Gabriele erwiderte den Kuss und sagte „Ich dich auch.“ Dann verabschiedeten sie sich und fuhren los. Gabriele fuhr direkt nach Hause. Sie hoffte, dass ihre Mutter nicht gerade wieder irgendwas feierte und so viele Leute eingeladen hatte, denn das war jetzt das wenigste was sie gebrauchen konnte. Aber sie hatte Glück. Ihre Mutter war alleine. Sie saß im Wohnzimmer und sah fern. Gabriele begrüßte sie kurz uns verschwand dann unter dem Vorwand sehr müde und kaputt von der Arbeit zu sein nach oben. Sie sah ebenfalls noch etwas fern. Später las sie noch ein wenig und dachte dabei darüber nach, ob sie Ralf noch anrufen sollte, aber sie beschloss es dann doch zu lassen und ging stattdessen in ihr Schlafzimmer und versuchte zu schlafen. Erst sehr spät gelang es ihr endlich. Aber sie schlief sehr unruhig in ihrem Bett. Wieder träumte sie von dem Einsatz in der Schleuse, wieder sah sie, wie sich das Tor langsam schloss und das Wasser in die Schleuse strömte. Als sie schon gedanklich mit allem abgeschlossen hatte und nicht mehr damit gerechnet hatte, hier lebend wieder raus zu kommen, war Ralf gekommen. Aber er hatte nicht wie erhofft, das Tor von innen öffnen können. Also mussten sie zurück tauchen. Da Ralf nur eine „Taucherausrüstung“ hatte, musste er sie hinter her ziehen. Sie spürte wieder die Panik, die in ihr aufstieg, als ihr die Luft ausging und es ihr wie eine Ewigkeit vorkam, bis sie das Bewusstsein verlor.“ Sie wachte schweißgebadet auf. Ihr war schlecht und sie hatte das Gefühl sich gleich übergeben zu müssen. Sie musste sich erstmal orientieren und war erleichtert, als sie ihr Zimmer im Haus ihrer Mutter erkannte. Sie schüttelte den Kopf. Sie fragte sich immer wieder, wie sie die Alpträume endlich los werden könnte. Direkt nach dem Unfall hatte sie diese Träume, dann ging es eine ganze Weile gut und vor kurzem fing es wieder an. Sie fragte sich, ob es nicht doch ein Fehler gewesen war nicht mit zu Ralf zu fahren, denn Ralf konnte sie immer so gut beruhigen und ihr ging es schnell wieder gut, weil Ralf es immer schaffte sie abzulenken. Aber nun war sie allein und konnte kein Auge mehr zu bekommen. Heute war es besonders schlimm, diese Panik in dem Moment, als ihr die Luft ausging als sie da mit Ralf runter getaucht war, war in dem Traum fast wie es in der Realität gewesen war. Sie stand auf und ging in die Küche. Nach so einer Nacht brauchte sie jetzt erstmal einen schön starken Kaffee. Sie setzte den Kaffee auf und ließ sich auf die Eckbank fallen. Sie war noch immer todmüde und hatte das Gefühl, nicht eine Minute geschlafen zu haben. Sie sah auf die Uhr. Es war kurz vor vier nachts. Sie murmelte zu sich selbst: „Gabriele, du bist verrückt. Stehst mitten in der Nacht auf und trinkst Kaffee.“ Sie schüttelte den Kopf und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein, mit der sie sich wieder an den Tisch setzte. Etwas später ging sie wieder nach oben und versuchte, noch etwas zu schlafen. Doch es gelang ihr einfach nicht. Sie konnte nur an das viele Wasser denken, das sie beinahe das Leben gekostet hatte. Sie ging ins Badezimmer an den Medikamentenschrank und suchte nach den Schlaftabletten ihrer Mutter. Sie hielt die Packung in der Hand und zögerte erst. Normalerweise nahm sie nie Schlaftabletten. Doch dann entschloss sie sich doch, eine zu nehmen, sie würde sonst gar nicht mehr schlafen können und ihr war schon schlecht vor Müdigkeit. Sie holte sich ein Glas Wasser und nahm eine der Tabletten ein. Dann ging sie wieder zu Bett und schlief auch relativ schnell ein. Als sie am nächsten Morgen aufwachte, sah sie auf den Wecker auf dem Nachttisch. Es war bereits kurz nach 10.00 Uhr. Sie war froh, dass sie heute erst zur Spätschicht zur Arbeit musste. Sie stand auf und ging ins Bad um sich fertig zu machen. Dann ging sie runter in die Küche um etwas zu frühstücken. Sie setzte sich an den Tisch und aß Müsli. Erst jetzt entdeckte sie den Zettel auf dem Tisch. Ihre Mutter hatte ihr eine Nachricht hinterlassen, dass sie eine Freundin besuchen würde um mit ihr in die Stadt zu fahren. Sie würde erst gegen Abend zurück kehren. Gabriele seufzte. Das hieß dann wohl, dass sie heute selbst was zum Mittagessen kochen müsste. Sie hasste Kochen und Hausarbeit. Sie beschloss, nachher los zu fahren um etwas einzukaufen, da nichts da war, mit dem sie etwas anzufangen wusste. Am Nachmittag machte sie sich dann auf den Weg zur Basis. Sie kam fast gleichzeitig mit Biggi an, die gerade von ihrem Motorrad abstieg. Gabriele stieg aus „Hey!“ sagte sie. „Hey! Na, wie geht’s?“ begrüßte sie Biggi und die beiden umarmten sich kurz. „ Wieder gut. Ist schon ok. Ihr habt ja recht…“ antwortete sie. Biggi nickte. Dann gingen die beiden sich umziehen und anschließend in den Aufenthaltsraum. Beide wunderten sich, wo Ralf wohl war. Kurz darauf betrat Herr Ebelsieder den Raum. „Guten Morgen. Kann mir einer von ihnen sagen, wo Herr Staller steckt? Ich muss ihn dringend etwas fragen wegen einer Bestellung.“ Biggi und Gabriele sahen sich an. „Er ist irgendwo draußen glaube ich. Er müsste jeden Augenblick wieder da sein.“ log Biggi. Zu ihrem Glück verschwand Herr Ebelsieder mit einem Nicken wieder in sein Büro. Im selben Moment kam Ralf zur Tür herein. „Guten Morgen. Sorry, ich weiß, ich bin spät, ich habe verschlafen, aber...“ Gabriele unterbrach ihn. „Kannst du gleich weiter erzählen. Du musst dich so schnell du kannst umziehen. Ebelsieder sucht dich!“ Ralf nickte und verschwand hastig in der Umkleide. Kurz darauf klopfte er bei Herr Ebelsieder an die Tür und ging rein. Die Schicht verlief ruhig. Doch Ralf fiel auf, dass Gabriele noch immer ziemlich fertig aussah. Als Biggi gerade mit Max im Hangar verschwunden war, weil sie etwas am Hubschrauber kontrollieren wollten, fragte er sie: „ Ist alles in Ordnung mit dir?“ Gabriele nickte. „Ja, ich habe nur ziemlich schlecht geschlafen heute Nacht. Ich hatte wieder einen dieser Alpträume.“ Ralf wusste was sie meinte und fragte: „Willst du drüber reden?“ Gabriele schüttelte den Kopf. „Nein. Nicht hier, nicht jetzt.“ Ralf nickte nur. Als Schichtwechsel war, fragte Ralf sie: „ Kommst du heute mit zu mir?“ Gabriele grinste und stimmte zu. Die beiden fuhren in Ralfs Wohnung. Auf der Fahrt hatten sie schon beschlossen, sich noch Pizza zu bestellen. Während Gabriele kurz duschte, rief Ralf den Pizzaservice an und ging dann in die Küche um eine Flasche Sekt aus dem Kühlschrank zu holen, die er extra schon kalt gestellt hatte. Wenig später kam die Pizza und Ralf brachte sie ins Wohnzimmer. Als er wieder in der Küche war und die Sektgläser aus dem Schrank nahm, kam auch Gabriele in die Küche. Sie umarmte Ralf von hinten und küsste ihn am Hals. Dann sagte sie: „Wow, du hast ja an alles gedacht.“ Ralf nickte, stellte die Gläser kurz zur Seite und küsste sie. Dann gingen die beiden ins Wohnzimmer und aßen ihre Pizza. Als sie schon eine Weile fertig waren, wollte Ralf das Geschirr schnell in die Küche bringen, doch Gabriele hielt ihn fest und zog ihn zu sich aufs Sofa zurück. Sie sah ihn verführerisch an und meinte: „Ich habe da eine viel bessere Idee…“ Ralf grinste und küsste Gabriele, sie zog ihm sein T-Shirt aus und warf es auf den Boden und Ralf tat es ihr gleich. Nach einer Weile wurde es den beiden dann doch zu unbequem und sie gingen ins Schlafzimmer. Sie verbrachten noch eine schöne Nacht zusammen und wachten am nächsten Morgen Arm in Arm auf. Ralf sah Gabriele in die Augen und sagte: „Du bist das beste was mir je passiert ist. Ich liebe dich und will dich niemals verlieren.“ Gabriele lächelte: „Ich liebe dich auch.“ Da die beiden heute einen freien Tag hatte, beschlossen sie, am späteren Nachmittag in die Stadt zu fahren um etwas bummeln zu gehen und anschließend ins Kino zu gehen. Am nächsten Tag hatten sie wieder Frühschicht. Auch Thomas, Michael und Peter waren noch da und machten gerade so eine Art Tischfußball- Turnier, auch Max war mit dabei. Ralf stieg ebenfalls mit ein, aber Gabriele und Biggi hatten keine Lust und sahen nur zu. Nach einer Weile gingen sie nach draußen und machten es sich auf den Liegestühlen bequem. Biggi berichtete gerade von ihrem Date mit Axel, das sie gestern Abend hatte, als der Alarm los ging. Es ging an den Chiemsee. Ein junger Mann hatte die Kontrolle über seinen Jetski verloren und war mit einem Sportboot zusammen geprallt. Das Boot hatte zum Glück keinen großen Schaden genommen, so dass die Besatzung, ein junges Paar mit zwei kleinen Kindern, das Boot zum Ufer fahren konnte, nachdem der Mann den verletzten Jet-Ski-Fahrer aus dem Wasser gezogen hatte und an Bord genommen hatte. Biggi landete den Hubschrauber sicher am Ufer und Ralf und Gabriele rannten zu dem Verletzten. „Kollmann. Was ist passiert?“ wandte sich Gabriele an die Beteiligten. Der Mann schilderte den Vorfall und Gabriele untersuchte den Verletzten, der langsam das Bewusstsein wieder erlangte. Es sah schlimmer aus, als es wirklich war und so dauerte es nicht lange, bis sie den Mann so weit versorgt hatten, dass er auf die Trage gelegt werden konnte. Sie trugen den Patienten zum Hubschrauber. Kurz vorm Hubschrauber übernahm ein Polizist das Tragen für Gabriele, während der andere Polizist das junge Paar zum Unfallhergang vernahm. Gabriele lief zurück über den langen Bootssteg zum Boot, um die letzte Tasche zu holen, die Ralf stehen gelassen hatte. Als sie gerade wieder los gehen wollte, sah sie etwas gelbes im Wasser, sie blieb abrupt stehen und sah genauer hin. Es war kein Zweifel, da lag jemand im Wasser, ein Kind. Gabriele fiel sofort ein, dass das Mädchen von der Familie mit dem Boot eine gelbe Jacke an hatte. Gabriele sah zum Hubschrauber und rief nach Ralf, es bleib aber keine Zeit mehr zu verlieren. Gabriele wartete nicht mehr auf eine Antwort von Ralf, sondern sprang ins Wasser. Sie tauchte nach dem Kind und hatte es kurz darauf. Sie versuchte, die schmale Leiter mit dem Kind hochzukommen aber sie schaffte es nicht. Glücklicherweise kam Ralf gerade angerannt, dicht gefolgt von den Eltern, die vorher nicht bemerkt hatten, dass ihre Tochter zurück zum Boot gelaufen war. „Ralf, hilf mir!“ rief Gabriele und Ralf nahm ihr das Kind ab und zog es auf den Steg. Gabriele kletterte ebenfalls hoch und kümmerte sich sofort um das Kind. Sie zitterte, das Wasser war sehr kalt und sie musste sofort an den Einsatz mit dem Jungen vor ein paar Tagen denken. Biggi nahm mithilfe des Polizisten die Eltern beiseite. Sie versuchte, die Mutter etwas zu beruhigen, die immer wieder wimmerte: „Leonie, Leonie… Oh, mein Gott…“ Biggi sagte: „Sie können jetzt nicht zu ihrer Tochter. Unsere Ärztin kümmert sich um Leonie. Sie schafft das, ganz sicher.“ Biggi blickte rüber zu Ralf und Gabriele, die um das Leben des Mädchens kämpften. Nach einer Weile sah sie die Erleichterung in den Gesichtern der beiden, sie hatten es geschafft, das Mädchen zurück zu holen. Jetzt musste alles schnell gehen. Sie brachten das Mädchen in den Hubschrauber und flogen sofort los. An der Klinik ging Gabriele mit rein, Biggi und Ralf warteten am Hubschrauber. Als Gabriele eine Weile zu den beiden zurück kam, lächelte sie erleichtert. „Die kleine hat es geschafft.“ Ralf umarmte sie. „So ein Glück, dass du zur Stelle warst, die Eltern hatten gar nicht mitbekommen, dass ihre Tochter weg war.“ Gabriele nickte. Sie stiegen ein und flogen zur Basis zurück. Gabriele ging duschen und Ralf kochte ihr einen Kaffee. Die drei waren froh, als wieder Schichtwechsel angesagt war. Sie saßen noch eine Weile im Aufenthaltsraum zusammen und berichteten den anderen von dem Einsatz. Ralf sah Gabriele an und wandte sich dann wieder an die anderen: „Dass das Mädchen es geschafft hat, ist ganz allein Gabriele zu verdanken, wäre sie nicht zur Stelle gewesen und hätte sie aus dem Wasser geholt…“ Gabriele lächelte verlegen. Peter grinste plötzlich und gab Gabriele die Hand: „Herzlichen Glückwunsch.“ Gabriele sah ihn fragend an. Peter lachte und meinte: „Hattest du nicht gesagt, du würdest nie wieder ins Wasser gehen? Ich würde sagen, das heute bedeutet, Trauma überwunden, oder?“ die anderen mussten lachen und stimmten Peter zu. Gabriele lächelte jetzt ebenfalls. „Ihr habt wohl recht, Trauma überwunden.“
Gähnend kam Ralf aus dem Bad, er war schon angezogen und hatte noch genügend Zeit um etwas zu frühstücken ehe er zu seiner Schicht auf der Basis erscheinen musste. Wie jeden morgen beugte Ralf sich um die Post aufzuheben und blätterte sie durch während Gonzo schon mal vor in die Küche trottete. Er stockte und starrte das Foto was zwischen der Post war an bevor er es umdrehte allerdings fand er nicht wie erwartet einen Absender sondern nur einen kurzen Satz. Er drehte es zurück und starrte das Bild erneut an.
Das Bild zeigte eindeutig Gabriele mit einem anderen Mann. Und das schockierendste war: Im Bett! Ralf fragte sich wer dieser Fremde nur war. Er war sich auf jeden Fall sicher, dass er ihn nie zuvor gesehen hatte. War es wieder einer dieser Männer, den Gabrieles Mutter für gut genug für ihre Tochter hielt und sie Gabriele mit ihm verkuppeln wollte? War ihr das wirklich gelungen? Ralf konnte es einfach nicht glauben. Er drehte das Foto wieder um und las wieder den Satz, der auf der Rückseite notiert war: „Sie gehört zu mir!“ stand da in einer kritzeligen Handschrift. Dann starrte er wieder auf das Foto und fragte sich wer dieser Mann da bloß war. Gonzo, der Ralf jetzt schon ungeduldig anstupste, riss Ralf aus seinen Gedanken „Ich weiß, alter Junge, du hast Hunger.“ Ralf legte das Foto auf den Küchentisch und gab Gonzo seine Portion Futter. Dann steckte er zwei Scheiben Toast in den Toaster und holte die Marmelade aus dem Kühlschrank. Während er sich gedankenversunken das Toast aufschmierte, sah er sich nochmals das Foto an. Er musste mit Gabriele reden, so viel stand fest. Aber er fragte sich, wie er das am besten anstellen sollte, ohne das gleich wieder ein riesen Streit entstand. Denn Gabriele war nach Ralfs Meinung manchmal viel zu schnell beleidigt. Aber er fand, dass er diesmal absolut im Recht war, sie war schließlich mit einem anderen Mann im Bett und davon gab es auch noch ein Beweisfoto. Ralf graute es bei dem Gedanken, dass Gabriele mit einem anderen… er versuchte den Gedanken beiseite zu schieben und sich stattdessen auf sein Frühstück zu konzentrieren. Als er fertig war, wollte er sich auf den Weg zur Arbeit machen. Er steckte das Foto in die Innentasche seiner Jacke, nahm Gonzo an die Leine, verließ mit ihm die Wohnung und fuhr zur Basis. Gabriele und Biggi waren schon da. Sie waren schon umgezogen und saßen draußen auf den Liegestühlen und unterhielten sich. Über was sie wohl sprachen? fragte er sich, als er jetzt die Basis betrat. Sie waren jedenfalls so vertieft in ihr Gespräch, dass sie Ralf auf dem Weg zur Tür gar nicht bemerkt hatten. Ralf ließ Gonzo in den Aufenthaltsraum und ging sich umziehen. Als er fertig war, holte er sich einen Kaffee und setzte sich an den Tisch, um Zeitung zu lesen. Wenig später kamen auch Biggi und Gabriele rein. „Hey Ralf!“ begrüßten die beiden ihn gut gelaunt. Ralf sah nur kurz von seiner Zeitung auf und murmelte ein kaum verständliches „Hallo.“ Biggi sah ihn grinsend an: „Schlecht geschlafen?“ Ralf sah kurz auf und schüttelte den Kopf. Gabriele setzte sich jetzt ebenfalls neben ihn und fragte: „Was ist denn los mit dir?“ Ralf war ein wenig genervt. Er hatte im Moment absolut keine Lust mit irgendwem über irgendetwas zu sprechen. „Nichts, ok? Ich bin einfach nicht so gut drauf heute.“ Er stand auf und ging in den Hangar. Gabriele sah Biggi verwirrt an, doch diese zuckte nur mit den Schultern: „Wenn du nicht weißt, was mit ihm los ist, woher soll ich es dann wissen?“ Gabriele trank ihren Kaffee aus und ging dann in den Hangar, wo Ralf jetzt versuchte, seine Wut mit Tischfußball zu vertreiben. Er konnte den Gedanken einfach nicht ertragen, dass Gabriele ihn betrogen hatte. Klar, er wusste, dass er ja selbst nicht viel besser war, wenn er sich an die Geschichte damals mit Isabella vor ein paar Monaten erinnerte. Auch wenn Ralf nicht wirklich damit gerechnet hatte, hatte sie ihm doch recht schnell verziehen, sie wurden wieder Freunde, sehr gute Freunde und schließlich waren sie wieder ein Paar. Ihm kam ein furchtbarer Gedanke. War es vielleicht so eine Art Racheakt von Gabriele? Quatsch! Dachte er im nächsten Moment. So ein Unsinn! Erst jetzt bemerkte er Gabriele, die ein paar Meter hinter ihm stand und ihn beobachtete. „Was ist?“ fragte Ralf in einem etwas schroffen Ton. Gabriele sah ihn etwas sauer an: „Sag mal spinnst du jetzt? Was ist denn bloß los mit dir?“ Ralf blickte kurz zu Boden und sah sie dann wieder an: „ Ich…“ Weiter kam er nicht. Genau in diesem Moment ging der Alarm los. Ein seltsames Gefühl von Erleichterung machte sich in Ralf breit. Sie rannten zum Heli. Biggi kam gleichzeitig mit ihnen an. Sie flogen los. Es war ein schlimmer Verkehrsunfall mit einem LKW und zwei PKW. Biggi landete den Hubschrauber sicher auf dem an die Straße angrenzenden Feld. Gabriele und Ralf sprinteten zu den Verletzten. Der PKW war beim Überholmanöver frontal mit dem LKW zusammengestoßen. Ein hinter diesem fahrender PKW konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und ist noch in die Unfallstelle hereingefahren. Gabriele und Ralf gingen zuerst zu dem total zerstörten PKW, doch sie konnten für den Fahrer nichts mehr tun. Das Team des Rettungswagens, der soeben angerückt war, kümmerte sich um den Fahrer des anderen PKW, während Gabriele und Ralf den LKW- Fahrer versorgten, der ebenfalls schwer verletzt war. Nachdem die Feuerwehr es geschafft hatte, ihn aus dem Wrack zu befreien, brachten sie ihn in die Klinik. Als sie wieder auf der Basis angekommen waren, fand Ralf es einfach nicht richtig, Gabriele jetzt auf das Thema Foto anzusprechen. Der Unfall gerade eben hatte sie doch alle ziemlich mitgenommen. Nach Dienstschluss fuhr Ralf nach Hause. Er ärgerte sich, dass er heute einfach nicht den richtigen Zeitpunkt gefunden hatte, um mit Gabriele zu sprechen und fragte sich noch immer, was das alles zu bedeuten hatte. Und warum war Gabriele die ganze Zeit so komisch. War doch wirklich etwas dran, dass sie einfach so fremd ging? Währenddessen war auch Gabriele zuhause angekommen. Sie war erleichtert, als sie draußen das Auto von Martha, der besten Freundin ihrer Mutter, sah. Dann hatte sie wenigstens ihre Ruhe. Sie nahm sich ihre Post mit nach oben und sah sie durch. Ihr fiel ein Brief auf, der sie gleich wieder wütend und verzweifelt zugleich machte. Konnte er sie nicht endlich einfach in Ruhe lassen? Sauer steckte sie den Brief zurück in den Umschlag und legte ihn zu den anderen auf die Kommode. Sie beschloss gerade etwas fern zu sehen, als ihr Handy klingelte. Als sie die Nummer auf dem Display erkannte, verdrehte sie genervt die Augen, drückte den Anruf weg und schaltete den Fernseher an. Zum selben Zeitpunkt schob Ralf gerade seine Pizza in den Ofen. Er musste grinsen. Ja, richtig kochen konnte er immer noch nicht. Es gab immer einfache, schnelle Gerichte. Wie oft hatte sich Gabriele schon über seine Fähigkeiten im Haushalt und über seine Junggesellenwohnung lustig gemacht? Ralf stutze. War Gabriele vielleicht deshalb auf der Suche nach einem anderen? War er ihr plötzlich nicht mehr gut genug? Es begann sich langsam ein Gefühl von Wut in ihm aufzubauen. Warum sagte sie es ihm nicht einfach, was ihr nicht passte. Hatte ihre Mutter sie nun endgültig überredet, einen Mann, der, wie sie, ebenfalls aus wohlhabenden Verhältnissen stammt, zu nehmen? Ralf versuchte den Gedanken los zu werden. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Gabriele so wäre. Sie war immer genervt, wenn ihre Mutter irgendwelche Männer für sie zuhause anschleppte. Und wie oft hatte sie ihm schon gesagt, dass sie ihn über alles liebte und dass es ihr ganz egal wäre, aus was für Verhältnissen er stammt. Aber wer war dann dieser Typ? fragte Ralf sich wieder. „Sie gehört zu mir!“ stand da auf dem Foto. Nach langem hin und her beschloss er, dass es nur eine Möglichkeit gab, endlich Klarheit zu bekommen: Er musste mit Gabriele reden. Er nahm sich sein Handy und setzte sich ins Wohnzimmer. Er wollte Gabriele fragen, was sie gerade machte und ob sie vielleicht Lust auf ein Treffen hätte. Er wählte ihre Nummer, legte jedoch gleich darauf wieder auf. Ihm fehlte einfach der Mut. Außerdem fand er seine Idee jetzt selbst bescheuert. Es würde auch noch reichen, wenn er sie morgen während der Schicht auf der Basis fragen würde. Seine Gefühle waren jetzt viel zu sehr durcheinander. Wahrscheinlich würde er, wenn er in diesem Moment mit Gabriele sprechen würde, alles nur noch schlimmer machen. Er las sich die SMS- Mitteilungen durch, die er auf seinem Handy gespeichert hatte durch. Gabriele hatte ihm jeden Tag geschrieben, wie sehr sie ihn doch liebte. Konnte sie wirklich so falsch sein? Nach einer ganzen Weile fiel ihm plötzlich seine Pizza wieder ein. „Oh, nein!“ schrie er, als er einen Blick auf die Uhr warf. Er rannte zur Küche, in der es schon verdächtig angekokelt roch. Ein Blick in den Ofen bestätigte seine Vermutungen. 45 Minuten waren wohl auch für die beste Pizza viel zu viel. Ralf holte das Blech mit der Pizza heraus. Da war nichts mehr zu retten. Die Pizza war pechschwarz. „Scheiße!“ fluchte Ralf und stellte das Blech zum Abkühlen auf die Spüle. Er warf einen Blick in den Kühlschrank, der aber kein leckeres Abendbrot mehr versprach. Er beschloss zum Imbiss ein Stück weiter die Straße hoch zu gehen. Er zog sich seine Jacke über und machte sich auf den Weg. Am nächsten Tag auf der Basis fiel Ralf auf, dass Gabriele irgendwie immer merkwürdiger wurde. Sie sah andauernd auf ihr Handy, doch schien sie jedes mal nicht gerade begeistert zu sein, wenn sie die Nummer auf dem Display sah. Ralf fragte sich was wohl alles hinter dieser merkwürdigen Geschichte steckte. Ralf beobachtete sie, während er so tat, als würde er sich ausschließlich mit Gonzo beschäftigen und sein Trick schien zu funktionieren. Gabriele schien es nicht zu bemerken. Jetzt hatte sie gerade eine SMS bekommen, kurz darauf ging sie nach draußen in Richtung Salzach. Biggi sah ihn fragend an. Auch mit ihr hatte Gabriele heute noch kaum ein Wort gesprochen. Sie schien irgendwie wie ausgetauscht. Ralf zuckte mit den Schultern und sah aus dem Fenster. Gabriele telefonierte und sah alles andere als glücklich aus. Wenig später kam sie wieder rein, doch sie kam nicht zurück in den Aufenthaltsraum, sondern verschwand mit einem lauten Türenknallen im Umkleideraum. Ralf sah Biggi schockiert an und Biggi sagte: „Wart mal kurz hier.“ Sie ging zu Gabriele in die Umkleide. Sie saß auf dem Boden vor den Spinden, die Knie angezogen und den Kopf darauf. Sie weinte. Biggi setzte sich zu ihr. Sie legte einen Arm um Gabriele und fragte sie mit sanfter Stimme: „Hey, Gabi, was ist denn?“ Zuerst reagierte Gabriele nicht, doch dann sah sie kurz auf und meinte: „Ach, ihr versteht das nicht. Das ist alles so schrecklich.“ Sie schluchzte wieder. Biggi versuchte mehr heraus zu bekommen: „Was denn? Was ist denn so schrecklich? Du kannst doch mit mir reden, das weißt du doch. Vielleicht kann ich dir ja helfen?“ Gabriele schüttelte den Kopf: „Wie denn?“ „Nun sag mir doch, was los ist, komm.“ sagte Biggi. Gabriele atmete tief durch um das Schluchzen wenigstens etwas los zu werden und sagte dann: „ Ach es ist alles wegen diesem Typ. Ich weiß nicht was der mit mir gemacht hat.“ Biggi sah sie fragend an. Gabriele erzählte weiter: „Es war alles an dem Abend als wir diesen Einsatz mit den beiden Kindern hatten. Du weiß ja, wie schlecht ich danach drauf war. Naja ich wollte Abends noch was trinken gehen, um ein bisschen auf andere Gedanken zu kommen. Da hat mich denn so ein Typ angesprochen. Wir haben uns ein wenig unterhalten und er wollte mir einen Drink ausgeben. Er muss irgendwas in mein Glas gekippt haben. Mir war auf einmal ganz komisch, als wäre ich total betrunken. Ich weiß noch, dass wir nach draußen sind und ab da habe ich den totalen Filmriss. Ich kann mich echt nicht mehr erinnern, was dann passiert ist. Jedenfalls bin ich dann in einem Hotelzimmer aufgewacht. Allein. Mir war total schwindelig und ich wollte nur noch nach Hause. Ich bin nach unten und wollte mit ein Taxi nehmen, doch dann habe ich bemerkt, dass mein ganzes Geld weg war. Das muss dieser Typ genommen haben. Wenigstens meine Karte war noch da. So konnte ich Geld holen und bin nach Hause gekommen. Und jetzt vor ein paar Tagen fing die ganze Sache dann an immer schlimmer zu werden. Ich bekam plötzlich seltsame E-Mails und dann hatte ich auf einmal dieses Foto in meinem Briefkasten. Gabriele stand auf, öffnete ihren Spind und gab Biggi das Foto. Auf der Rückseite stand ein Satz: „Du gehörst zu mir.“ Biggi sah Gabriele an. Gabriele sagte: „Er erpresst mich. Das Schwein hat Bilder gemacht. Er will wieder mit mir ins Bett. Er sagt wenn er mich nicht haben kann, dann auch kein anderer. Er hatte mir gedroht, er würde auch Ralf Fotos schicken.“ Jetzt wurde Biggi alles immer mehr klar. War Ralf auch deshalb so merkwürdig? Gabriele schien Biggis Gedanken lesen zu können: „Oh, nein, hat er die etwa schon? Hat er was gesagt?“ Biggi zuckte mit den Schultern: „Nicht direkt, aber sein Verhalten spricht Bände.“ „Dann ist alles aus.“ meinte Gabriele mit leiser Stimme. Biggi antwortete: „Ach Unsinn. Du kannst doch nichts dafür. Ralf wird das verstehen, da bin ich mir ganz, ganz sicher. Soll ich mit ihm sprechen?“ Gabriele überlegte kurz und nickte dann. Sie fühlte sich wirklich nicht in der Lage das alles Ralf zu erklären. Die beiden umarmten sich und Biggi ging zurück zu Ralf in den Aufenthaltsraum. Sie erzählte Ralf alles, was sie gerade von ihrer besten Freundin erfahren hatte. Ralf war geschockt. Jetzt war ihm alles klar. Er hätte sich das auch echt nicht von Gabriele denken können. Er ging zu ihr und nahm sie in den Arm. „Süße, wenn ich das geahnt hätte. Es tut mir so leid. Und ich war noch so blöd und so sauer.“ Gabriele schüttelte den Kopf. „Du konntest doch nicht ahnen, was los ist. Ich wäre garantiert auch sauer und eifersüchtig gewesen, wenn ich so ein Foto bekommen hätte.“ Ralf sah sie eindringlich an: „Wir müssen zur Polizei, Gabriele.“ „Ich weiß doch noch nicht mal wie der heißt.“ antwortete sie. „Aber du hast seine E-Mail Adresse und seine Telefonnummer. Da kann die Polizei doch garantiert schon was mit anfangen.“ Gabriele nickte. Versuchen konnten sie es ja auf jeden Fall. Gleich nach Dienstschluss fuhren Ralf und Gabriele auf die Polizeiwache und schilderten den Sachverhalt. Nur wenige Tage später erfuhren sie, dass der Mann gestellt werden konnte. Er musste Strafe bezahlen und bekam die Vorschrift, dass er sich Gabriele nicht mehr nähern durfte. Gabriele war sehr erleichtert, dass die ganze Sache jetzt endlich ein Ende hatte und sie wieder mit Ralf glücklich sein konnte.
Gabriele öffnete den Karton, den ihr ihre Kollegen ins Krankenhaus als Überraschung mitgebracht hatten. Schon als sie den ersten Blick reinwarf, begannen die Kollegen zu lachen. Sie hatten ihr eine Taucherausrüstung mitgebracht. Gabriele war zuerst sprachlos und nicht wirklich zum Lachen zumute, doch dann sah sie doch ein, dass die anderen es ja nicht böse meinten. Lachend warf sie jetzt die eine Taucherflosse auf Peter. „Wir können dich ja gleich zu einem Tauchkurs anmelden, vielleicht klappt es dann ja nächstes mal besser mit dem Tauchgang und du jagst uns nicht wieder so einen Schrecken ein.“ meinte Peter grinsend, als er jetzt den Karton wegstellte. „Witzig.“ meinte Gabriele langgezogen. Nach einer Weile gingen Peter, Thomas, Max, Michael und Biggi dann wieder. Ralf blieb noch etwas. Er sagte ihr nochmals, wie sehr er sie doch liebte. Das war ihm vorgestern nach dem Vorfall in der Schleuse noch viel mehr als je zuvor bewusst geworden. Er gab ihr einen langen, zärtlichen Kuss.
Vorgeschichte: Die Todesfalle bis zu dem Zeitpunkt, als der Arzt reinkommt und sagt, dass eine geeignete Spenderlunge für Gabi gefunden wurde.
Als der Arzt das Zimmer verlassen hatte, sah Gabriele Michael an und schüttelte langsam mit dem Kopf. Michael dachte an das Gespräch, dass er vorhin alleine mit ihr geführt hatte. Sie hatte ihn gefragt, ob er ihr helfen würde zu sterben. Er war in dem Moment hin und her gerissen aber hatte letztendlich den Entschluss gefasst, dass sie es wenigstens versuchen müssen und erstmal abwarten, ob überhaupt eine neue Lunge gefunden werden würde. Und genau diese Situation war jetzt eingetreten. Er musste Gabi klar machen, dass sie jetzt eine Chance besaß, wenn auch eine geringe. " Gabi, wir werden es versuchen, du hast jetzt eine Chance. Du musst kämpfen." Gabi sagte: " Nein, Michael, bitte... versteh mich doch..." Michael wusste genau, was Gabi meinte. Sie hatte furchtbare Angst davor, bis an ihr Lebensende mit diesen Verletzungen leben zu müssen, da wollte sie lieber sterben. Ralf, dem die Tränen nur so die Wangen runterliefen, flehte Gabi an:" Bitte Gabi, es ist deine einzige Chance. Ich brauche dich doch!" Nachdem fast alle es nochmal versucht hatten, Gabi zu überzeugen, stimmte sie der Operation schließlich doch zu.